15. Oktober 2023

Die Erscheinungsformen von Kraft – Kraftausdauer in a nutshell

In den letzten Blogbeiträgen haben wir uns mit den (Schnell-)Kraftfähigkeiten befasst, sie in ihre Bestandteile zerlegt, sie definiert und erklärt, wie man diese trainieren kann. Heute wollen wir einen Blick auf die andere Seite der Krafterscheinungsformen werfen – die Kraftausdauer.

Hintergrund:

Kraftausdauer kann definiert werden als die Fähigkeit eines Muskels oder einer Muskelgruppe, wiederholte Muskelkontraktionen oder Kraftstöße gegen mäßigen Widerstand über einen bestimmten Zeitraum hinweg durchzuführen und/oder aufrechtzuerhalten (2, 3). Häufig wird eine Intensität von > 30% 1RM als untere Grenze für das Kraftausdauertraining angesehen, wobei alles oberhalb dieser Mindestintensität noch von der Maximalkraft bestimmt wird, während unterhalb dieser Grenze zunehmend energetische und metabolische Faktoren einen Einfluss ausüben (tendenziell Ausdauerleistungen) (3).

Die folgenden Anpassungsprozesse sind mit dem Kraftausdauertraining verbunden (1, 4):

·         Verbesserte Puffer- und Oxidationskapazität

·          Erhöhung der Kapillarisierung und der Mitochondriendichte

·         Erhöhte Aktivität von Stoffwechselenzymen

·         Sarkoplasmische Hypertrophie

Grundsätzlich kann zwischen absoluter und relativer Kraftausdauer unterschieden werden. Bei der absoluten Kraftausdauer wird ein Satz mit so vielen Wiederholungen wie möglich mit einer bestimmten Last ausgeführt. Die National Football League (NFL) verwendet diesen Ansatz seit langem (ungeachtet seiner fragwürdigen Nützlichkeit), um die Leistung beim Bankdrücken mit einem Gewicht von 102 kg (225 lbs) zu bewerten. Dabei wird das Gewicht von den Sportlern bis zum Muskelversagen bewegt, ohne Rücksicht auf ihr Körpergewicht. Aus diesem Grund handelt es sich bei diesem Verfahren um einen Test der absoluten Kraftausdauer (5). Die relative Kraftausdauer hingegen wird durch die maximale Bewegungshäufigkeit eines bestimmten %-1RM-Wertes bestimmt. Der Intensitätskorridor liegt hier häufig zwischen 40 % und 60 % 1RM (5). Im sportlichen Bereich wird der absoluten Kraftausdauer im Regelfall dennoch ein höherer Stellenwert eingeräumt, da hier die Kraftausdauerleistungen oft nicht an das individuelle 1RM gebunden sind.

Anwendungsbereiche des Kraftausdauertrainings

Wie bereits erwähnt, kann diese Trainingsmethode interessante Anpassungsprozesse mit sich bringen, die vor allem auf der Stoffwechselebene liegen. Anwendungsgebiete für das Kraftausdauertraining können vielfältig sein und sowohl den Gesundheits- und Freizeitsport betreffen als auch spezifische Trainingsinhalte im Athletiktraining für verschiedene Sportarten darstellen.

Im Freizeit- und Gesundheitssport wird das Kraftausdauertraining häufig als Vorbereitung für ein anschließendes intensiveres Training gewählt. In diesem Zusammenhang empfehlen Sheppard und Triplett die folgenden Belastungsnormative (6):

Intensität:< 67% 1RM
Wiederholungen> 12
Sätze2-3
Pause< 30 s

Heute weiß man auch, dass ein Kraftausdauertraining in niedrigeren Intensitätsbereichen (bis zu ~30 % 1RM) ebenso wirksam zur Erzielung von Muskelhypertrophie sein kann wie höhere Intensitätsbereiche (67-85 % 1RM), solange es nahe am Muskelversagen durchgeführt wird (4–6). Die Kraftzuwächse sind jedoch tendenziell geringer, weshalb häufig eine andere Art der Hypertrophie, die sarkoplasmatische Hypertrophie (Zunahme der intrazellulären Zellflüssigkeit), erwartet wird. Interessiert an diesem Thema? Lassen es uns wissen.

Aber auch im Athletiktraining kann ein Kraftausdauertraining aus anderen Gründen sinnvoll sein. Einige Sportarten, wie z. B. Rudern, beruhen auf kraftvollen repetitiven Krafteinsätzen. Auch viele Cross-Workouts weisen ähnliche Inhalte in einem variierenden Intensitätskontinuum der Kraftausdauer auf. Beide sportliche Tätigkeiten profitieren aus diesem Grund von einem Kraftausdauertraining. Dabei ist eine Steigerung der Wiederholungszahlen einer Gewichtssteigerung im Training vorzuziehen.

Fazit:

1.       Kraftausdauertraining kann für Freizeit-, Spiel- und Individualsportarten sinnvoll sein!

2.       Je nach Zielsetzung und sportlichem Hintergrund kann das Kraftausdauertraining in langfristige Trainingsblöcke periodisiert werden.

3.       Man muss nicht immer mit schweren Gewichten trainieren, um Muskelhypertrophie zu erreichen. Leichte Gewichte sind ebenso gut geeignet, wenn du an der Grenze zum Muskelversagen trainierst.

4.       Achte beim Training darauf, dass du bei Übungen wie Kniebeugen oder Bankdrücken immer einen Spotter hast oder in einem gesicherten Rack trainierst.

Literatur

1. French d. Adaptations to Anaerobic Training Programs. In: Haff G, Triplett NT, eds.: Essentials of strength training and conditioning. Fourth edition. Human Kinetics: Champaign, IL, Windsor, ON, Leeds; 2016.

2. Kell RT, Bell G, Quinney A. Musculoskeletal fitness, health outcomes and quality of life. Sports Med. 2001; 31: 863–873. doi:10.2165/00007256-200131120-00003.

3. Raeder C, Vuong J-L, Ferrauti A. Krafttraining. In: Ferrauti A, ed.: Trainingswissenschaft für die Sportpraxis: Lehrbuch für Studium, Ausbildung und Unterricht im Sport. 1. Aufl. 2020. Springer Berlin Heidelberg: Berlin, Heidelberg; 2020.

4. Schoenfeld B. Science and development of muscle hypertrophy. Second edition. Human Kinetics: Champaign, IL; 2021.

5. Schoenfeld BJ, Grgic J, van Every DW, Plotkin DL. Loading Recommendations for Muscle Strength, Hypertrophy, and Local Endurance: A Re-Examination of the Repetition Continuum. Sports (Basel). 2021; 9. doi:10.3390/sports9020032.

6. Sheppard J, Triplett T. Program Design for Resistance Training. In: Haff G, Triplett NT, eds.: Essentials of strength training and conditioning. Fourth edition. Human Kinetics: Champaign, IL, Windsor, ON, Leeds; 2016.

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